Umbau und Instandsetzung "Haus zum Kiel"
Zürich (ZH), Sveitsi
- arkkitehdit
- nik biedermann architekten gmbh
- Location
- Zürich (ZH), Sveitsi
- Year
- 2019
- Programm
- Umnutzung und Einbau von Wohnungen
- Auslober
- Stadt Zürich, Amt für Hochbauten
- Architekt
- nik biedermann architekt
- Gebäudekosten BKP 1-9
- ca. Fr. 10.0Mio.
- Planerwahl im selektiven Verfahren
- 2019, ohne Rang
Das Haus zum Kiel wurde als Herrschaftssitz 1716 erbaut. Der gedrungene, abstrakte Baukörper mit ausgeprägtem Mansardendach und dem schönen Verhältnisprinzip von fünf mal drei Fensterachsen ist ein typischer Vertreter eines Stadthauses der zürcherischen Barockbaukunst seiner Zeit. Als charakteristisch für das Wohnhaus dieser Zeit galt die einfache Grundrissorganisation, basierend auf symmetrischer Gesetzmässigkeit, die grosszügig dimensionierten Räume und die zurückhaltend eingesetzten Dekorationsformen. Im Erdgeschoss teilt das grosszügig angelegte Vestibül mit Kreuzgewölbe entlang der Mittelachse die Räume. Bescheiden führt das hell belichtete, zweiläufigeTreppenhaus zu den weiteren Geschossen empor. Auf den fast deckungsgleichen Geschossen gliedert die zweiseitig belichtete Halle entlang der Längsachse die beidseitig aufgereihten Räume. Die Haupträume sind gut besonnt nach Westen zur „Stadt“ ausgerichtet, währenddem die Nebenräume nach Osten am Hof liegen. Stets der Regel der raison folgend.
Im Inneren sind die wesentlichen noch vorhandenen Raumfassungen mehrheitlich geprägt vom deutschen Rokokostil und Frühklassizismus und sollen dem altzürcherischen Wohnhaustypus seiner Zeit ent- sprochen haben - Hell und freudig muss es aussehen. Fragmentarisch noch erkennbar ist, dass jeder Raum ein für sich abgeschlossenes Ganzes bildet. Geradlinige, schnörkellose und heiter gestrichene Umrahmungen fassen Flächen als Füllungen und gliedern die Raumwände zu kassettierten, teilweise raumhohen Täfelungen - Flaches, sauber umrissenes Relief. Kachelöfen und Einbaumöbel setzen darin Akzente. Zimmerböden sind mit dunklem, massivem Tafelparkett belegt und mit Friesen gefasst. Ornamentale, geometrisch vielfältige Stuckdekorationen schmü- cken die hell gehaltenen Decken. Mit dem Kreuz- gewölbe in der Halle, den dunkel lackierten Nussbaum- türen, den Grisaillen an Schrankeinbauten und den nicht mehr vorhandenen Gobelinbespannungen in den Eck- zimmern, zeichnet sich das erste Obergeschoss als ur- sprüngliche bel étage aus.
Zweites Obergeschoss – Adresse und Wohnungen
Schon zur Bauzeit des "Haus zum Kiel" war es aus ökonomischer Not üblich, Geschosse von Stadtwohn- häusern in kleinere Einheiten von wenigen Zimmern aufzuteilen. Die Längshalle wird in der Achse des Treppenhauses halbiert. Folglich entstehen zwei gleich- wertige Zugänge zu den gräumigen Wohnungen. Das bestehende, bescheidene Portal - gebildet aus dem Futter, der Zierverkleidung und der Schwelle - wird auf die Podestbreite ergänzt. Die Türen sitzen zurückversetzt in der Leibung, kompensieren die knappe Podestdimension und sind in Gehrichtung leicht abgedreht - eine würdige Adresse der Wohnungen. Dadurch verändert sich das Wesen des Treppenhauses nur marginal.
In den Hallen der Wohnungen dominieren aufgereihte Wandschränke. Dazwischen liegen die Zugänge zu den Zimmern. Diese räumliche Eigenheit soll gestärkt werden. Abgeleitet vom Repertoire des Bestands fassen Einbauten von gleicher Höhe die Ecken der Halle räumlich. Dadurch kann eine stärkere in sich abgeschlossene Raumsymmetrie emp- funden werden. Gleichzeitig entsteht Platz für Installati- onen. Dabei verjüngt sich die Geometrie der Einbauten so, dass auf der schmalen Rauminnenseite ein grosser, gerahmter Spiegel das gegenüberliegende Fenster als Motiv erkennen lässt. Mit einer signifikant dem Barock entlehnten Massnahme der Raumspiegelung gelingt die Illusion - im Sinne eines clin d’oeil - einer nach wie vor zweiseitig belichteten Halle. In leichten Variationen kann diese Wirkung auf allen Geschossen erzielt werden.
Die für die Küchen geeigneten Räume sind grosszügig in Dimension und Ausdruck, so dass sie als willkommene Wohnküchen im Verhältnis zur jeweiligen Wohnung be- trieben und bewohnt werden können - Gemeinsames Kochen und Speisen mit der Familie, oder mit Gästen als Ereignis in einem Saal. Die neu geschaffene Wohnküche an der gut besonnten Westfassade hat durch die grosse Verbindungsöffnung eine starke räumliche Bindung zum angrenzenden Eckwohnraum. Errungenschaften des Ro- koko machen sich womöglich dahingehend bemerkbar, dass just bei diesen zwei Räumen die im Barock noch gepriesene Enfilade entlang der Fassade zugunsten eines intimeren, wohnlicheren Raumbezugs aufgehoben wurde – variéte et gaieté lösen die grandeur ab.
Die Raumfassung der Küche - mit dem Prinzip von Rahmung und Füllung - wird nach Vorbild des benach- barten Eckraumes mit seinen raumhaltigen Täfelungen interpretativ weitergeführt. Der bestehende Raum ver- kleinert sich angemessen um die Dimensionen der Küchenelemente und die der technischen Installationen, die sich in das Blendwerk integrieren und die einfache geometrische Raumordnung aufrechterhalten. Dabei können sämtliche Gerätschaften eines gehobenen Wohn- standards - bis hin zum Waschturm - aufgenommen werden. Der Tafelparkett aus geölter Eiche und die Stuckdecke werden eingekürzt und treu nach den Orna- mentbüchern der Zeit angepasst. Unter Berücksichtigung der horizontalen Raumgliederung ist die Arbeitsfläche aus grünocker geadertem Quarzit und dem einsehbaren Hochschrank in das Blendwerk als Nische eingestülpt. Als Reminiszenz an die frühen Wunderkammern wirkt die Oberschrankvitrine, mit dem zur Schau gestellten Famili- enporzellan auf Glastablaren wie ein persönliches Raritä- tenkabinett des Kochens. So gewinnt auch der Wohn- raum nebst dem Kachelofen und den raumhohen Bücher- regalen - mit direktem Blick in die Wohnküche - eine weitere Attraktion hinzu. Getreu den Präferenzen des Klassizismus folgt auf die bunte blaugraue Eingangs- halle und das heitere rötliche Wohnzimmer die helle grünliche Küche.
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