Gymnasium an der Waldnaab

Neustadt a.d. Waldnaab, Deutschland
Foto © mju-fotografie Marie Luise Jünger Hümpfershausen
Foto © mju-fotografie Marie Luise Jünger Hümpfershausen
Foto © mju-fotografie Marie Luise Jünger Hümpfershausen
Architekten
Brückner & Brückner Architekten
Standort
Stadtplatz 36, 92660 Neustadt a.d. Waldnaab, Deutschland
Jahr
2022

Reflexion. Generalsanierung

Ein Lernhaus auf einer Lichtung im Wald, hineinkomponiert in das Gelände, welches über die Jahre dicht bewachsen und von der Natur zurückerobert wurde.

Was für ein toller Ort – zurückgezogen und lebendig zugleich! Das Gymnasium ist Teil eines Campus für alle Schulen und überzeugt architektonisch mit einer
beeindruckenden Beton-brut-Architektur von 1977, großzügigen Grundrissen und viel Außenbezug durch die Split-Level-Bauweise. Die Ausführungsqualität der
Bestandsgebäude war an vielen Stellen gut. Für die Lehrer und Schüler war das Schulgebäude ein ungeliebtes Kind mit undichten Dächern, vielen dunklen Räumen und einem zugewachsenen Innenhof, für uns Architekten ein echter Glücksfall mit großem Potential ein echter Ort für zeitgemäßes Lernen zu werden.

Idee
Wir unterstützen die Stärken des Gebäudes, das sich schon ein halbes Jahrhundert sozial bewährt hat, und entwickeln aus den Schwächen echte Chancen. Ziel war die respektvolle, reflektierte, ressourcenschonende Transformation des in die Jahre gekommenen Ensembles in einen energetisch, technisch und funktional zukunftsfähigen Ort des Lernens, in einen Ort der Kommunikation, der Begegnung, aber auch des Rückzugs. Heller, wohnlicher und übersichtlicher sollte die Schule werden. In intensivem Dialog mit dem Bauherrn, der Schulleitung und auch den Schülern ist aus der 70er Jahre Schule ein Lernhaus der Zukunft entstanden.

Außen
Wir realisieren eine komplett neue Eingangssituation mit einer neuen Treppe aus den alten Steinen, grünen Pausenhöfen und einem Theaterhof mit Freilichtbühne. Die Treppe führt direkt zum Haupteingang. Die Gebäude bekommen durch den sensiblen Rückbau eines Klassenzimmertraktes eine klare Form. Die Strukturbetonfassade bleibt wirksam und architektonisch präsent, wird jedoch durch Reflexionen rhythmisch unterbrochen und aufgewertet. Konstruktiv handelt es sich bei der Fassade um eine vorgehängte, hinterlüftete Betonfassade. Die neuen Fassadenteile werden mit Aluminium verkleidet. Konturen lösen sich auf. Der Wald ist Teil der Fassade. Die Schule wird Teil ihrer Umgebung. Das Haus wird so noch mehr Teil der umgebenden Natur und die Fassade nimmt auf, was die Umgebung bietet: Natur, Licht und Schatten im Wechsel der Jahres- und Tageszeiten.

Innen
Lehrer und Schüler betreten die altneue Schule über einen neuen, in Holz gefassten Eingang, sie werden von warmen hellen Farben, wertigen Materialien und lichtdurchfluteten Räumen empfangen. Die neue, vielseitige, zweigeschossige Aula mit Tageslichtdecke und bodentiefen Fenstern korrespondiert mit dem Pausenhof, die Flure und Klassenzimmer mit der umgebenden Natur. Neben der Aula befinden sich die Musikräume. Aus dem nicht genutzten Innenhof entsteht eine mehrgeschossige Bibliothek mit Vortragsraum und Galerie – das neue Bildungsherz der Schule. Darum gruppieren sich die Klassenzimmer. Die Flure bleiben weit, enden aber mit einem Blick in die umgebende Natur, sind echte Kommunikationszonen mit Sitznischen in den Wänden geworden. Klassenzimmer, Lehrerzimmer und Sekretariat öffnen sich zu den Fluren hin und erlauben Einblicke. Wir haben alle Räume hinterfragt und neu
gedacht. So konnten die bestehenden Grundrisse aufgewertet und das Gebäude noch mehr nach außen geöffnet werden.

Material
Auch die Herangehensweise an die Materialien reflektiert den Bestand und ist konsequent nachhaltig. Außen korrespondieren die alten Betonelemente mit neuen Aluminiumelementen. Innen bekommt die Schule einen neuen Rahmen. Nicht der Zeit unterworfene, vorhandene, qualitätvolle Flächen blieben und wurden aufbereitet und in das Gestaltungskonzept integriert – etwa Natursteinböden abgeschliffen oder Ziegelwände weiß geschlämmt. Auch die neuen Materialien sind warm, wertig und können vor dem Morgen bestehen. Holz, Linoleum, Naturstein, Mauerwerk oder Textil – immer wieder unterbrochen von Holzintarsien, die Garderoben, Sitznischen oder Türen beheimaten.

Energie
Das Bestandsgebäude des Gymnasiums wurde maximal erhalten, kritische Materialien der 80er Jahre entsorgt, ein komplett neues Energiekonzept erarbeitet und umgesetzt. Bestandsfenster und -türen wurden durch neue hochwärmedämmende Elemente ersetzt, Sockelflächen gedämmt, Brüstungen und Säulen mit einer Innendämmung versehen sowie die Dachkonstruktion komplett neu aufgebaut und den heutigen Energiesparvorgaben angepasst. Das Haus wurde an die neue Hackschnitzel-Energiezentrales des Schulcampus, die neuen Fenster sind mit textilem Sonnenschutz verschattbar.

Ein Projekt, das sehr vom harmonischen Miteinander aller Beteiligten sowie dem Respekt vor dem Gebäude und der Qualität der neuen Schule profitiert hat. So konnte durch die gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten, insbesondere der Schüler, Lehrer und der Schulleitung, auf eine kostenintensive Containerauslagerung verzichtet und die Schule im laufenden Betrieb saniert werden. So eingesparte Kosten kamen der Ausstattung des Gebäudes zugute.

Ein Projekt, das reflektiert – auf vielen Ebenen, das Licht, die Natur, den Umgang mit Bestandsbauten oder auch das Lernen. Bildung in Beton aus den 1970er Jahren kann sehr qualitätsvoll sein.

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